Atemschaukel
Im Winter 1945 wurden Abertausende Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben in die Sowjetunion deportiert. Die Rote Armee requirierte sie für den Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Sowjetunion. In bestimmten Regionen waren es buchstäblich alle Frauen und Männer zwischen 17 und 45 Jahren, die verschleppt wurden und in Bergwerken, Kolchosen, Kombinaten als Zwangsarbeiter ums Überleben arbeiten mussten. Zahllose von ihnen sind verreckt und in namenlosen Gräbern verscharrt worden. Doch ihr Schicksal blieb auch dann noch tabu, als sich das kommunistische Rumänien eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber der Sowjetunion errang. Denn wer an die Verbrechen, die an den Rumäniendeutschen nach 1945 von der Sowjetmacht verübt wurden, erinnern wollte, hätte auch daran erinnern müssen, dass Rumänien zuvor, im Zweiten Weltkrieg, ein faschistischer Staat gewesen ist. Und das passte nicht in das nationalkommunistische Projekt, das sich schon bald aller möglichen reaktionären Geister und Gespenster der Geschichte zu bemächtigen begann. Herta Müller, die mit ihren rumäniendeutschen Landsleuten oft hart ins Gericht ging und nicht verhehlte, dass auch viele Sachsen und Schwaben unheilvoll in den Nationalsozialismus verstrickt waren, hat es nun auf sich genommen, denen eine Stimme zu geben, über deren Schicksal so lange und so gründlich geschwiegen wurde. Ihr neuer Roman erzählt von dem großen, kaum je benannten Unrecht, das den rumäniendeutschen Deportierten angetan wurde, von ihrer Entwürdigung im Lager, in der der einzelne seiner Individualität beraubt und zum Überlebens-Tier degradiert wurde, von dem Hunger, den sie alle litten und an dem viele starben. Es ist ein erschütternder Roman, das beste Buch, das Herta Müller, die schon für so viele Prosa- und Essaybände zu rühmen war, geschrieben hat, ein verstörendes Meisterwerk, mutig und sprachschöpferisch, ein Versuch, aus dem Inneren der Hölle zu sprechen, in einer ganz eigenen, bildstarken Sprache, die dort Worte finden muss, wo die herkömmlichen versagen, das Grauen nicht zu fassen vermögen. - Ausschnitt aus einer Rezension der SZ vom 08.10.2009 von Karl-Markus Gauss -Handlungsorte
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