Alle unsere Gestern
Natalia Ginzburg stellt ihrem dritten Roman ein Motto aus „Macbeth" voran, worauf sich auch der Buchtitel bezieht: „Und alle unsre Gestern haben Narren geleuchtet beim Gang zum dreckigen Tod." Der Tod ist entsprechend auch das zentrale Thema des Buches, das in der Zeit des italienischen Faschismus vor und während des Zweiten Weltkriegs spielt. Im ersten Teil wird die Geschichte einer Familie erzählt, die mit engen Freunden als Nachbarn in bürgerlichen Verhältnissen - dem Vater gehört eine Seifenfabrik - in einer kleinen Stadt bei Turin lebt. Der Familienvater schreibt an einem antifaschistischen Buch, das er aber vor seinem Tod und kurz vor dem von ihm befürchteten Kriegseintritt Italiens verbrennt. Die älteste Schwester der heranwachsenden Geschwister (Giustino, Anna und Ippolito), Concettina, heiratet ein opportunistisches Mitglied der faschistischen Partei Mussolinis, während sich ihre Brüder und viele Freunde im antifaschistischen Untergrund betäti gen. Am Ende der ersten Hälfte des Romans nimmt sich Ippolito das Leben, damit er nicht als Soldat im Krieg kämpfen muss, und die erst sechzehnjährige Schülerin Anna, die von einem älteren Mitschüler schwanger wird, heiratet den viel älteren Cenzo Rena, einen alten Freund der Familie, der sie davon abbringt, das Kind abzutreiben. Die zweite Hälfte des Romans spielt hauptsächlich in dem Provinzörtchen Borgo San Costanzo, wohin Anna ihrem Ehemann gefolgt ist. Besonders hier lassen sich autobiographische Hintergründe erkennen, denn die Autorin wurde 1940 selbst in ein Dorf in den Abruzzen verbannt, das dem Handlungsort ihres Romans ähnlich ist. Doch der Faschismus und schließlich auch der Krieg dringen bis in diese abgelegene Gegend vor und fordern ihre Opfer... - Melancholisch und mit viel Ironie erzählt Natalia Ginzburg sehr eindringlich von den Schrecken aber auch Wundern einer harten Zeit: Ein sehr lesenswertes Buch, das aber nur noch in wenigen Exemplaren antiquarisc h zu finden ist.Handlungsorte
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