Der Köder

Rosemary Tonks (1928-2014) heiratete im Alter von 20 Jahren und zog mit ihrem Mann von London nach Karatschi, wo sie begann, Gedichte zu schreiben. Typhus- und Polio-Anfälle zwangen sie zur Rückkehr nach England. Tonks arbeitete für die BBC, schrieb Erzählungen, sechs Romane und veröffentlichte Gedichte über den literarischen Untergrund und die High Society Londons in diversen Zeitungen. Nach Jahren im Rampenlicht der Swinging Sixties hörte Tonks Mitte der 1970er-Jahre auf zu schreiben und brach, nach einer Reihe persönlicher Tragödien und nachdem sie zu einer fundamentalistischen Form des Christentums konvertiert war, die Verbindung zu allen Freunden und ihrer Familie ab. 1981 reiste sie nach Jerusalem, um sich in der Nähe des Flusses Jordan taufen zu lassen. Über ihr weiteres Leben ist öffentlich so gut wie nichts bekannt. In den 90ern tauchte sie zuweilen am Londoner Speakers Corner auf, um Bibeln zu verteilen und über Gott zu sprechen. Obwohl sie mehrere Jahrzehnte lang alles unternommen haben soll, um Exemplare ihrer Bücher aus allen Bibliotheken des Landes auszuleihen und zu verbrennen (Tagebucheintrag: „Bücher sind die Gedanken des Satans.“), konnte „Der Köder“, ihr dritter Roman, 2021 in den USA und Großbritannien neu aufgelegt werden. – Wie Rosemary Tonks arbeitet die junge Min bei der BBC (als Tontechnikerin), aus ihrer Sicht wird in „The Bloater“ (Originaltitel) erzählt. Ihr Ehemann George bleibt im Hintergrund, denn die Welt der hypernervösen Min kreist um den alternden Katzenliebhaber Claudi, den manikürten Musikwissenschaftler Billy, ihre männliche Putzfrau Fritz, ein deutscher Student, und den dicken Opernsänger Carlos Hamburger (den „Bloater“ aus dem Romantitel), der sie seit einiger Zeit heftig umwirbt. Zu viele Männer, zu viele Flirts, zu viel Hedonismus, zu viel Dekadenz, kurz: ein richtig anstrengendes Frauenleben. - Leider war Rosemary Tonks bei der Vernichtung ihrer Bücher nicht durchschlagend erfolgreich, auch wenn man in dem Roman ein paar sprachliche Perlen und stellenweise Humoriges finden kann. Auf diese 142 Seiten (englische Taschenbuchausgabe), im Niveau beständig abfallendes Geplapper und Geläster (in wenigen Wochen heruntergeschrieben, um schnelles Geld zu bringen), kann man getrost verzichten, vom März Verlag aufgebläht auf 234 Seiten (gebunden, incl. Nachwort) und mit einem unsinnigen Titel versehen („Der Köder“, am Anfang des Buches aber auch ganz anders, nämlich als „Kugelfisch“ übersetzt). Ein „Bloater“ ist jedoch ein geräucherter Hering (denn so stinkt der Sänger Carlos), bezeichnet aber auch einen aufgeblasenen Menschen. Angeblich „Besser als Sally Rooney“ (Ronald Düker, DIE ZEIT), kann es ein schlimmeres Lob geben?

Handlungsorte

»Bücher sind fliegende Teppiche
ins Reich der Phantasie.«

James Daniel

Buchdetails

Handlungsorte
London
Buchdaten
Titel: Der Köder
Kategorie: Roman / Erzählung von 1968
LeserIn: Faun
Eingabe: 14.10.2024


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