Brenner - Menzenmang

„Brenner" sollte eigentlich eine Roman-Tetralogie werden. Hermann Burger begann mit dem zweiten Teil, „Menzenmang", am 8. Januar 1989 im Kantonsspital Baden, wo er sich bis Ende Januar zur Kontrolle aufhielt, denn seit einiger Zeit nahm er ein neues Medikament, Lithium, gegen seine schwere manische Depression, und der Blutspiegel musste regelmäßig überprüft werden. Dort erhielt er auch Besuch von der SPIEGEL-Redakteurin Annette Meyhöfer, deren Artikel am 19. Februar erschien („Ein Zauberberg im Stumpenland"). Am 28. Februar 1989, einen Tag vor dem Erscheinen des ersten Teils („Brunsleben"), nahm sich Burger mit einer Medikamenten-Überdosis das Leben, nachdem er sich schon seit einiger Zeit mit der Idee des Suizids befasst hatte (insb. in der Abhandlung „Tractatus logico-suicidalis. Über die Selbsttötung" aus dem Jahr 1988). „Menzenmang" blieb Fragment, abgebrochen im siebten von insgesamt 25 geplanten Kapiteln (auf rd. 130 Seiten), 1992 aus dem Nachlass herausgegeben. – In „Brenner" wollte Burger die Lebensgeschichte des „verhinderten Tabakfabrikanten" und Zigarren-Kenners Hermann Arbogast Brenner erzählen. Der denkwürdige Schlusssatz des ersten Teiles lautete: „Zu Asche sollt ihr werden, denn nirgendwo steht verbrieft, der Mensch habe ein Anrecht auf ein Quentchen Glück." Im zweiten Teil leidet auch Burgers Alter-Ego Brenner an Depressionen und hält sich in verschiedenen Kliniken auf (erst in der Basler Friedmatt, dann in Psychiatrischen Klinik Königsfelden in Windisch und schließlich im Akutspital von Baden). In den ersten Kapiteln kommentiert Brenner ironisch die Nutzlosigkeit der Therapien und beschreibt detailliert, was die Spitale im Innersten zusammenhält. Erst im sechsten Kapitel kommt er endlich ans Ziel, er trifft in «Menzenmang» (Menziken) ein, dem Ort seiner Kindheit. Es scheint, als sei die Depression überwunden, der Gedanke an den Suizid nicht mehr allgegenwärtig. Im siebten Kapitel erscheint das Bild vom Jungen in der Kirche, der Pfarrer werden möchte. Statt zum Ausgangspunkt für die Reise durch die Kindheit wird die Kirchenszene jedoch zur Endstation... - Marcel Reich-Ranicki, sonst ein Bewunderer Hermann Burgers, hält die Brenner-Prosa für weniger gelungen: „Was als Roman entworfen wurde, erweist sich als ein Selbstporträt und leider als ein solches, das nur bedingt überzeugen kann." Ähnlich Andreas Isenschmid: „Das künstlerische Scheitern von „Brenner" spiegelt den verzweifelten Kampf Burgers um eine lebensrettende Kunst. ... Bei der rettenden Annäherung an seine Vergangenheit hat ihn seine Gegenwart überwältigt und seine Kunst verlassen." – Beide Kritiker wurden angesichts Burgers einzigartigen und überwältigendem Sprachorgasmus ganz offensichtlich gänzlich von ihrer Urteilsfähigkeit verlassen.

Handlungsorte

»Die längsten Reisen fangen an,
wenn es auf den Straßen dunkel wird.«

Jörg Fauser

Buchdetails

Handlungsorte
Schweiz (allg.), Basel, Windisch (Aargau), Menziken, Reinach (Aargau), Othmarsingen, Baden (CH), Zürich
Buchdaten
Titel: Brenner - Menzenmang
Kategorie: Roman / Erzählung von 1992
LeserIn: Faun
Eingabe: 27.12.2024


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