Possum Living
Dolly Freed (ein Pseudonym) ist 13 Jahre alt, als sie Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit ihrem Vater (“the old fool”) aus der Hetzjagd (“rat race”) der gesellschaftlichen Konventionen ausbricht und 40 Meilen nördlich von Philadelphia ein Leben als Selbstversorger beginnt. “Possum Living” (“Faultierleben”) ist der Bericht, den sie fünf Jahre später über ihr neues Leben schreibt, gleichzeitig quasi eine Gebrauchsanleitung für eine in (fast) jeder Hinsicht unabhängige Existenz. Im Keller des günstig erstandenen Hauses werden Hühner und Kaninchen gehalten, aber nicht etwa als niedliche Haustiere, sondern zur Nahrungsbeschaffung (Vegetarier dürfen sich jetzt ausblenden); ein Garten liefert Gemüse und Kräuter. Obst und Pilze sowie Fische und Schildkröten findet man in der Umgebung. In einem der längeren Kapitel des Buches wird anschaulich beschrieben oder besser erklärt, wie man “bunnies” am besten tötet, häutet, ausnimmt oder gar zu Blutwurst verarbeitet. Man erfährt aber auch, wie man Obst, Pilze und Gemüse haltbar macht, Rezepte inklusive. Nicht fehlen darf natürlich auch eine ausführliche Anleitung zum Brennen von Schnaps (“moonshine”). Der ein oder andere unverzichtbare (?) Gebrauchsartikel des täglichen Lebens (z.B. Seife, Kleider - natürlich second hand - oder Hefe und Zucker zum Schnapsbrennen) wird eingekauft. Das wenige hierfür (sowie für Gas zum Kochen und Strom) notwendige Geld wird durch gelegentliche kleinere Jobs verdient: Dolly verdingt sich z.B. als Babysitter, ihr Vater hilft Nachbarn bei Allem was so an Arbeiten anfallen kann. Wer sich jetzt an Thoreaus “Walden or Life in the Woods” erinnert fühlt, ist nicht auf dem Holzweg. Es fehlen nämlich auch nicht philosophische Erkenntnisse (einer klar denkenden Achtzehnjährigen mit gesundem Menschenverstand) oder besser gesagt ironische Seitenhiebe auf unsere kapitalistische Gesellschaft, mit denen man unvermutet zwischen Kochrezepten und Angelanleitungen auf höchst amüsante Weise konfrontiert wird. Ein Beispiel: “Wir sind zwar nicht sonderlich religiös, aber wir folgen der biblischen Mahnung “...auch, daß jeder Mensch ißt und trinkt und Gutes sieht in all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes” (Ecclesiates 3:13).Beachte: Da steht “Gott”, nicht “Bruttosozialprodukt”.” Aber Dolly möchte nicht (in erster Linie, aber durchaus auch) predigen: Sie sieht ihr Buch eher als praktischen Ratgeber und Inspiration, sich eigene Gedanken über den Einfluss der Wirtschaft auf das Leben des Indivuums zu machen. Und genau das macht das in einfacher Sprache gehaltene, heitere und unterhaltsame Buch so lesenswert: Man wird - mit nur mäßig erhobenem Zeigefinger - dazu angeregt, über eine Lebensform nachzudenken, die von den meisten unter uns als selbstverständlich hingenommen wird, obwohl durchaus auch eine alternative Existenz möglich wäre.Handlungsorte
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