Gelächter von außen
Fast vierzig Jahre nach seinem autobiographischen Werk „Wir sind Gefangene" (über die Jahre 1905 bis 1919) brachte Oskar Maria Graf kurz vor seinem Tod eine Fortsetzung und Ergänzung heraus, über die Jahre der Weimarer Republik bis zum Aufbruch ins Exil Richtung Wien (Anfang 1933). Bereits in den Vorbemerkungen („Einige notwendige Erklärungen") meint Graf zur „Atmosphäre der damaligen Zeit": „...die Haltung der Menschen meiner Generation, die sich infolge des geradezu überrumpelnden fortwährenden Wechsels der politischen und wirtschaftlichen Zustände überhaupt nicht mehr festigen konnte, so daß sie dem heraufkommenden Unheil nach 1933 ungewappnet und völlig hilflos gegenüberstanden und, ohne daß sie es wollten, einfach mitgetrieben wurden." Klingt das noch wie eine Ablehnung einer Kollektivschuld, folgt wenige Seiten später hingegen der Vorwurf „... wenn ich bedenke, wie viele dieser damals so antikriegerischen Bekannten, teils blind begeistert, teils furchtsam berechnend, sich von Anfang an in die grausige Hitlerei hineinlebten und nunmehr, nachdem sie heil aus dem barbarischen Schrecken und Riesenelend herausgekommen sind, so ahnungslos tun, als hätten sie bis Kriegsende überhaupt nie was gewußt von den Zuständen in den Konzentrationslagern, von den Zutodefolterungen und Massenvergasungen." Das wächst sich im weiteren Verlauf dieser Erinnerungen zur düsteren Erkenntnis aus, dass „...mit dieser seelischen Substanz also gar nicht weit her ist ... ja, nach meinen Erfahrungen im Krieg und im Frieden, in der Heimat und im Exil kommt es mir vor, als ob eine solche Substanz in 99 Prozent aller Menschen überhaupt nicht vorhanden ist und als ob das restliche eine Prozent, dass diese besitzt, immer auf mehr oder weniger schauderhafte Weise unter die Räder kommt." Aber das ist auch ein sehr (galgen)humorvolles Buch, insbesondere in seinen Schilderungen der sorgenlosen Exzesse der Münchner Künstlerbohème der 20er Jahre. Doch mehrfach kommt es auch zu persönlichen Begegnungen mit Hitler und Göring, die schließlich einen „unterhöhlten machtlosen Staat" zu Fall bringen... - Vieles von diesem „Gelächter" erinnert erschreckend an unsere Zeit und man lernt daraus anschaulich, wie es zur damaligen Katastrophe kommen konnte. Im Gegensatz zur aktuellen, in dieser Hinsicht sehr schwachen TV-Verfilmung des Romans „Unruhe um einen Friedfertigen". Kann man eine erneute Katastrophe verhindern? Angesichts von einem Prozent seelischer Substanz der Menschheit würde Oskar Maria Graf das wohl verneinen.Handlungsorte
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